Kompetenzen: Sie können mehr als Sie glauben
Kompetenzen, Qualifikationen, Fähigkeiten,
Eigenschaften, Schlüsselqualifikationen,
Potentiale, Softskills, Hardskills und so weiter.
Die Arbeitswelt kennt oder nutzt mittlerweile
viele Begriffe, um die Stärken von Bewerbern
oder Arbeitnehmern zu beschreiben.
Und nicht immer werden diese klar voneinander
abgegrenzt. Dies schafft nicht selten Unsicherheit und
Verwirrung.
Die Arbeitswelt fordert auch immer noch recht einseitig
ganz bestimmte Kompetenzen und schließt damit andere
Potentiale und damit Menschen aus.
Was eine Kompetenz allerdings letztendlich ist, das hängt
vom Kontext ab. Eine Stärke ist nicht an sich eine Stärke,
sondern nur in einer bestimmten Situation und in einem
bestimmten Umfeld. Medienkompetenz ist heute sehr
wichtig. Im Urwald hilft sie nicht sonderlich weiter.
Kompetenzen und andere Eigenschaften müssen stets
definiert werden. Ansonsten gibt es Missverständnisse.
Und weil dies in der Alltagskommunikation, aber auch im
beruflichen Kontext in der Regel nicht passiert, kommt es
immer wieder zu Unklarheiten.
Die Entwicklung des Kompetenzbegriffes ist zudem noch
sehr jung. Die Entwicklung der psychologischen
Kompetenzforschung ist 1995 in den USA zu finden
(Motivationspsychologie von White). Später folgten
weitere Forschungen und Strömungen aus Frankreich
(bilan des compétences, Kompetenzbilanzierung) und
Deutschland. (Levy-Leboyer, 1995).
Es haben sich in der Folge verschiedene
Kompetenzmodelle entwickelt sowie auch Modelle zur
Erfassung von Persönlichkeitseigenschaften, die in der
Berufswelt gerne eingesetzt werden.
Als Bewerber/in sollen Sie sich heutzutage selbst
einschätzen können, Stärken und Schwächen kennen und
auch nennen sowie Ihre Persönlichkeit beschreiben
können. Da wird viel verlangt! Es vermischen sich
Alltagspsychologie mit psychologischem Halbwissen und
psychologische Modelle werden durcheinandergeworfen.
Bei alledem gibt es aber eine gute Nachricht: Sie können
mehr als Sie glauben!
Wir sind alle ein wenig „betriebsblind“, was unsere eigene
Person betrifft. Was für Sie „normal“ erscheint, wenn Sie
über sich und ihre Arbeit und Fähigkeiten sprechen, dann
haben Sie vergessen, wie lang der Weg war, dort
hinzukommen.
Was für Sie Routine geworden ist, haben Sie sich mühsam
aneignen müssen. Deshalb ist es ja heute zur Routine
geworden.
Sie wissen, dass bei einem Eisberg nur die Spitze aus dem
Wasser schaut. Zweidrittel befinden sich unter der
Wasseroberfläche. So ist es auch mit dem Blick auf die
eigene Person und auf das eigene Können. Bewusst sind
Ihnen nur das eine Drittel. Was täglich in Ihr Denken und
Handeln einfließt, sind aber auch diese „verborgenen“
Zweidrittel.
Das sind, zum Beispiel, Erfahrungswerte und Fähigkeiten
die in „Fleisch und Blut“ übergegangen sind. In einer
Potentialanalyse können wir ein großes Stück an dieses
verborgene Potential herankommen.
Was sagt die Wissenschaft noch zum Thema
Kompetenzen?
Kompetenzen sind nicht gleichzusetzen mit
Persönlichkeitseigenschaften, aber „Kompetenzen sind
überdauernde Persönlichkeitseigenschaften, die sich im
selbst organisierten Handeln zeigen“ (Erpenbeck/
Rosenstiel).
Folgendes Kompetenzmodell liefert eine hilfreiche
Unterscheidung und Abgrenzung der wichtigsten
Kompetenzfelder:
1. Fachkompetenz [kognitiv-motorische Kompetenz]
Die Fachkompetenz bezeichnet inhaltlich-fachliches
Wissen, bzw. fachbezogenes Funktionswissen, das zur
Ausübung eines Berufes Grundlage ist oder das laut
Ausbildungsrahmenverordnung in der Ausbildung zu
erreichen ist.
Allgemeinwissen, theoretische Fachkenntnisse, praktische
Fachkenntnisse, Branchenkenntnisse, fächer-
übergreifendes Denken, Fremdsprachenkenntnisse, IT-
Kenntnisse, fachspezifische Methodenkenntnisse, u.a.
2. Methodenkompetenz [methodisch-operative
Kompetenz]
Bezeichnet die Fähigkeit, für anstehende Arbeitsaufgaben
selbständig und systematisch Lösungswege zu finden und
anzuwenden. Darüber hinaus die Beherrschung
fachspezifischer Verfahren und Prozesse, die einen
eigenständigen Erwerb von Wissen und Kenntnissen
ermöglicht.
Lernmethoden, Präsentationstechniken,
Projektmanagement, Organisationsfähigkeiten,
Transferfähigkeit, Medienkompetenz,
Lösungsorientierung, u.a.
3. Sozialkompetenz [sozial-kommunikative Kompetenz]
Bezeichnet die Fähigkeit, mit anderen
verantwortungsbewusst zu agieren und sich gruppen- und
beziehungsorientiert zu verhalten. Es bezeichnet die
Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit.
Teamfähigkeit, Führungskompetenz, Konflikt- und
Kritikfähigkeit, Interkulturelle Kompetenz,
Kommunikationsstärke, Kundenorientierung,
Einfühlungsvermögen, Offenheit, u.a.
4. Individualkompetenz [affektiv-reflexive Kompetenz]
Bezeichnet die Fähigkeit zur Selbstregulation, persönlicher
Stabilität und Entwicklungs- und Urteilsfähigkeit. Im
Rahmen von Arbeitsaufgaben bezeichnet es die Fähigkeit,
sich persönlich einzubringen und zu entfalten,
Leistungsbereitschaft und Motivation zu zeigen.
Proaktivität, Einsatzbereitschaft, Motivation, Belastbarkeit,
Flexibilität, d.h. die Fähigkeit zur Einstellung auf neue
Situationen, Selbstvertrauen, Durchsetzungsvermögen,
Selbstwertgefühl, Reflexionsfähigkeit, Urteilsvermögen,
Mündigkeit, Verantwortungsempfinden, Interesse am
Mitmenschen, Lebenszielplanung und Sinnfindung.
(Quelle: Bernd Ott, 1997)
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